Übererfüller: Zur Trennwand die Maske?

Seit der Ausrufung des Corona-Notstands am 15. März 2020 sind unter anderem Apotheken von den umfangreichen Verboten ausgenommen, damit sich die Menschen ordentlich versorgen können. Aufgrund ihrer Fachkenntnis ergriffen die Apotheken sehr rasch aus Eigenem Vorsichtsmaßnahmen gegen Ansteckungen über Tröpfcheninfektion. Dazu werden unter anderem Trennwände aus Glas oder Plexiglas® eingesetzt und dies wurde allenthalben als verantwortungsbewusst und vorbildlich hervorgehoben.

Maskenpflicht hinter Plexiglas?

Seit 14. April müssen in Handelsbetrieben, also auch in Apotheken, Kunden und bestimmte Mitarbeiter im Gesicht eine „Schutzvorrichtung als Barriere gegen Tröpfcheninfektion“ tragen. Gilt für Apothekenmitarbeiter keine Maskenpflicht, wenn eine Trennwand vorhanden ist?

In ihrem Kammer-Info teilt die Österreichische Apothekerkammer ihren Mitgliedern dazu mit: „Laut Auskunft des zuständigen Juristen wurde diese Frage intensiv im Krisenstab diskutiert und – aus Gründen des Arbeitnehmerschutzes – abschlägig beschieden.“ Die Kammer übernimmt also den Standpunkt, dass hinter einer Schutzwand zusätzlich ein (unzertifizierter) Nasen-Mund-Schutz verwendet werden muss.

Nein!

Dieser Meinung ist entgegenzutreten, wie eine genaue Lektüre der entsprechenden Notverordnung klar macht. Die Stelle lautet:

§ 2 (5): Abs. 1 [Anmerkung: die Ausnahme vom Betretungsverbot] gilt nur, wenn folgende Voraussetzungen eingehalten werden:
1. Mitarbeiter mit Kundenkontakt sowie Kunden eine den Mund- und Nasenbereich gut abdeckende mechanische Schutzvorrichtung als Barriere gegen Tröpfcheninfektion tragen; dies gilt nicht für Kinder bis zum vollendeten sechsten Lebensjahr.
2. ein Abstand von mindestens einem Meter gegenüber anderen Personen eingehalten wird.
(Verordnung BGBl. II Nr. 96/2020 idF BGBl. II Nr. 151/2020)

Der Normwortlaut spricht Mitarbeiter mit Kundenkontakt an, wobei übrigens entgegen dem üblichen Sprachgebrauch mit dem Ausdruck „Mitarbeiter“ auch ein Unternehmer gemeint sein wird. Offensichtlich will der Normsetzer aber nicht alle Mitarbeiter, die vielleicht in einem Lager, Labor oder Büro tätig sind, mit Maskenpflicht belegen.

Die Schlüsselfrage ist daher, wer überhaupt Kundenkontakt hat. Der Verordnungswortlaut selbst liefert dafür den Maßstab, wenn er im gleichen Satz von einer Barriere gegen Tröpfcheninfektion spricht. Besteht ohnehin eine Barriere gegen Tröpfcheninfektion, liegt gar kein Kundenkontakt vor. Es erübrigt sich also eine zusätzliche mechanische Schutzvorrichtung vulgo Maske.

Arbeitnehmerschutz anders geregelt

Selbstverständlich muss dem Arbeitnehmerschutz Genüge getan werden, der aber nicht Gegenstand der zitierten Bestimmung ist. Vielmehr ist er in der zweiten entsprechenden Notverordnung mit einem Ein-Meter-Abstand geregelt und die Fürsorgepflicht des Dienstgebers ist mit dem Beachten dieses Ein-Meter-Abstands erfüllt.

Im Rechtsstaat sind die Inhalte von Gesetzen und Verordnungen entscheidend, nicht die Rechtsansichten von Beamten oder "der Obrigkeit". Mitunter werden solche Ansichten, sogar wenn sie als Ministerweisungen in Erscheinung treten, wieder zurückgenommen (siehe: Familie verboten?).

Jeder Bürger hat die Rechtsordnung zu befolgen. Ob er rechtliche Gebote übererfüllt, liegt aber in seiner Entscheidung und nicht in der Anordnungsmacht von Polizei oder Kammer. Ich komme entgegen den Übererfüllern rechtlich zu dem klaren Ergebnis:

Wenn in einem Geschäft eine Trennwand einen direkten Kundenkontakt verhindert, dürfen Mitarbeiter ohne Maske arbeiten.