EuGH gegen Apothekerkammer - 2 : 0

Zwei Rechtsmeinungen

Derzeit werden zum österreichischen Apothekenrecht nach einer EuGH-Entscheidung (siehe EuGH ändert Apothekenrecht) im Wesentlichen zwei Rechtsmeinungen vertreten:

  1. Bei Kammergutachten, Bedarfsprüfung (= Existenzsicherungsprüfung) und längerem Verfahren bleibt Alles beim Alten, nur, dass die Grenze der 5.500 zu versorgenden Personen irgendwelche Ausnahmen erfährt.
  2. Die Bestimmung, welche die Existenzsicherung mit 5.500 zu versorgenden Personen festlegt, ist als untauglich überhaupt nicht mehr anzuwenden. Daher bedarf es auch keiner Bedarfsgutachten der Apothekerkammer mehr und es wird nur mehr der 500-Meter-Abstand geprüft.

Meinung 1 vertritt die Österreichische Apothekerkammer. Sie versuchte, das Gesundheitsministerium ins Boot zu holen, welches daraufhin einen kryptischen Erlass herausbrachte. Meinung 2 scheint sich bei Fachjuristen und bei den Landesverwaltungsgerichten durchzusetzen, bis jetzt in Oberösterreich und in Niederösterreich.

Landesverwaltungsgericht Niederösterreich folgt Oberösterreich

Das niederösterreichische Erkenntnis wurde vorgestern auch der Öffentlichkeit zugänglich (Geschäftszahl LVwG-AV-768/001-2014 vom 25. Juli 2016). Auf 112 Seiten behandelt es drei Konzessionsansuchen in einem Einkaufszentrum in Bruck an der Leitha, von denen letztlich zwei im Rennen blieben. Neben einem facettenreichen Streit um die selbe Betriebsstätte und einer aufwendigen Prioritätsdiskussion fand das Gericht zu einer originellen Lösung: Der erstgereihten Konzessionswerberin wurde nach klassischer Bedarfsbeurteilung die Konzession zugesprochen. Die Zweitgereihte erhielt nach aktueller EuGH-Auffassung ebenfalls eine Konzession, weil ihre Betriebsstätte etwas über 500 Meter von der anderen entfernt liegt.

Dieser Tage wird die Frist für die Einschaltung des Verwaltungsgerichtshofs ungenutzt ablaufen. Nach unzähligen Schriftsätzen, sieben Gutachteräußerungen der Apothekerkammer, sieben behördlichen Entscheidungen und sechs Streitjahren atmen wohl alle Beteiligten auf.

Damit hat wieder eine Apothekerin den Wettlauf gewonnen, in der schrecklichen, der bedarfsprüfungslosen Zeit ihre neue Apotheke eröffnen zu können.